Titel:   Nicht-invasive Sensortechnologie auf Basis geführter akustischer Wellen für eine eichfähige Bestimmung des Durchflusses von Flüssigwasserstoff sowie anderer kryogener Flüssigkeiten und Energieträger (Kürzel:HydrAmess)

Kompetenzfeld:        Sensorik und Analytik

Projektleiter:             Prof. Dr. Klaus Stefan Drese und Prof. Dr. Thorsten Uphues

Projektzeitraum:       01.02.2023 – 31.02.2027

Zuwendungsgeber:  Bundesministerium für Bildung und Forschung, FH-Kooperativ

Thematik:

Wasserstoff gilt als Wunderwaffe im Kampf gegen den Klimawandel und erfährt als alternative Energiequelle in der aktuellen Energiekrise eine enorme Aufwertung. Ob als Brennstoff und Energieträger für Industrie, Verkehr oder Gebäudesektor – Wasserstoff soll fossile Energieträger zunehmend substituieren und damit zur Treibhausgasneutralität und dem Erhalt unserer Lebensgrundlagen beitragen.

Einen Großteil des Wasserstoffbedarfs werden wir in Deutschland auch zukünftig durch Importe aus dem Ausland decken müssen. Entsprechend wichtig ist die Entwicklung einer geeigneten Transport- und Verteilerinfrastruktur. Wasserstoff kann sowohl im gasförmigen als auch im flüssigen Zustand gespeichert oder transportiert und als Energieträger genutzt werden. Bei gasförmigem Wasserstoff erfolgen Speicherung und Transport unter hohem Druck. Im Vergleich dazu besitzt die flüssige Form aufgrund seiner höheren Energiedichte pro Volumen und des geringeren Drucks für viele Anwendungen als Energieträger entscheidende Vorteile. Flüssiger Wasserstoff kann bei einer Tieftemperaturlagerung wie eine Flüssigkeit getankt werden. Er eignet sich für alternative Antriebsformen in Schifffahrt und Luftfahrt sowie für die Elektromobilität bei LKWs. Flüssiger Wasserstoff kann per Schiff auch über größere Strecken problemlos transportiert werden.

Mit dem Ausbau der Wasserstoffinfrastruktur steigt auch der Bedarf an geeigneten Mess- und Sensorlösungen zur Überwachung der transportierten Menge. Für eine wirtschaftliche Nutzung des neuen Energieträgers muss man hochgenau erfassen können, wie viel durch die Leitung fließt oder getankt wurde: ein eichfähiges und industrietaugliches Messverfahren wird benötigt. Flüssigwasserstoff stellt gängige Messmethoden allerdings vor echte Herausforderungen. Er hat mit -253°C eine sehr geringe Temperatur, muss in speziellen vakuumisolierten Leitungen oder Tanks transportiert oder gelagert werden und neigt bei Temperatureintrag zu Gasblasenbildung. Bisher gibt es für die Messung des Durchflusses und der transportierten Menge von Flüssigwasserstoff daher kein geeignetes industrietaugliches und eichfähiges Messverfahren. Das Institut für Sensor- und Aktortechnik (ISAT) der Hochschule Coburg möchte dies ändern und ein neuartiges akustischen Messverfahren zur Durchflussmessung bei Flüssigwasserstoff und anderen Flüssigenergieträgern entwickeln. Für diese Forschungsaktivitäten erhält das ISAT vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Programm „FH-Kooperativ“ in den Jahren 2023-2027 Fördermittel in Höhe von rund 1 Mio. €. Ziel des Projektes ist die Entwicklung einer speziellen Ultraschallsensorik auf Basis sogenannter geführter akustischer Wellen (GAW). Die Sensorik soll auch bei niedrigsten „kryogenen“ Temperaturen den Durchfluss von Flüssigkeiten präzise messen. An GAW-Sensoren forscht das ISAT bereits seit seiner Gründung in 2007 und gilt auf diesem Gebiet als ausgewiesener Experte mit einer Vielzahl an Projekten und Publikationen. Zur Messung von Flüssigwasserstoff eignet sich die GAW-Technologie besonders, da alle Sensorkomponenten zur Messung der transportierten Flüssigkeitsmenge an die Außenwand der Leitung angebracht werden können. Weder Sensorik noch Elektronik müssen in Kontakt mit der Flüssigkeit stehen und können somit einfach thermisch isoliert werden. Komplizierte Umbauten an bestehenden Leitungssystemen entfallen, da die Wand der Leitung durch Anregung der GAW selbst zum Sensor wird. Ein weiterer Vorteil ist der geringe Bauraum, den die GAW-Sensoren benötigen. Eine Sensorintegration bewirkt daher kaum Druckverluste, wodurch die Wahrscheinlichkeit, dass Phasenübergänge und störende Gasblasen entstehen, verringert wird.

Das Messprinzip, mit der die transportierte Menge von Flüssigwasserstoff gemessen werden soll, lässt sich vereinfacht folgendermaßen beschreiben: Die auf der Wand der Leitung angeregte akustische Welle wird aufgrund des Schallgeschwindigkeitsunterschiedes zwischen Flüssigkeit und Wandmaterial in die Flüssigkeit hineingebrochen. Die Brechung der Schallwelle geschieht ähnlich wie bei der optischen Brechung unter einem definierten Winkel, weshalb die Schallwelle schräg in die Flüssigkeit abgestrahlt wird. Um die Durchflussgeschwindigkeit einer Flüssigkeit und damit die transportierte Menge zu bestimmen, wird die Laufzeit der Welle in und gegen die Strömungsrichtung gemessen. Vorstellen kann man sich das wie bei einem Boot, mit dem man in einem Fluss einmal in und einmal gegen die Strömung paddelt. Gegen die Strömung paddelt man langsamer und braucht länger, mit der Strömung benötigt man für die gleiche Strecke deutlich weniger Zeit. Genauso verhält es sich mit der Schallwelle in und gegen eine Strömung. Eine Differenzbildung der Schallaufzeiten ermöglicht anschließend eine Bestimmung des Durchflusses.

Mit der Firma Endress und Hauser Flow Deutschland AG steht dem ISAT im Projekt „HydrAmess“ ein erfahrender Entwickler von akustischer Sensorik als Mentor zur Seite. Die Endress und Hauser Flow Deutschland AG wurde als ehemalige SensAction AG im Jahr 2008 als Spin-off der Hochschule Coburg gegründet und 2021 in das Schweizer Messtechnikunternehmen Endress und Hauser integriert.  Das Unternehmen wird das ISAT bei Fragen zu Messsignalverarbeitung, industrietauglicher Sensorfertigung, Normung und Kalibrierung beraten und so dazu beitragen, dass die im Projekt erforschte Technologie nicht am Marktbedarf vorbei entwickelt wird.

Förderhinweis