Nicht-invasives Ultraschall-Messverfahren zur Frühdiagnostik der Lockerung bei Hüftprothesen
Deutschland ist Spitzenreiter bei der Implantation künstlicher Hüftgelenke. In 2020 wurden 294,1 Implantationen je 100.000 Einwohner durchgeführt, Tendenz steigend. Die Lockerung künstlicher Gelenke ist mit einer Prävalenz von 10% innerhalb der ersten 15 Jahren nach OP eine der häufigsten Komplikationen in der Orthopädie.Tritt eine Lockerung auf, entsteht zwischen Knochen und Implantat durch Abbau von Knochensubstanz eine demineralisierte Zwischenschicht, deren Dicke mit dem Stadium der Lockerung korreliert. Im Frühstadium kann eine solche Lockerung durch konventionelle Diagnoseverfahren, wie z. B. der Projektionsradiographie, nicht zuverlässig diagnostiziert werden. Auch kann nicht erkannt werden, ob diese mit der Bildung eines bakteriellen Biofilms in der Knochen-Implantat-Schnittstelle einhergeht, der zu Infektionen führen kann. Gleichzeitig existieren im technischen Kontext vielversprechende Ultraschall-Messprinzipien, um Dicke und physikalische Eigenschaften einer dünnen Schicht zwischen zwei festen Materialien zu bestimmen.
Darauf basierend wurde von uns in fachlichem Austausch mit Orthopäden des regionalen Klinikverbunds Regiomed ein nicht-invasives Ultraschall-basiertes interferometrisches Messverfahren entwickelt, welches die Charakterisierung der Knochen-Implantat-Schnittstelle ermöglicht. An vereinfachten Knochen-Implantat-Systemen konnte das Verfahren in Bezug auf die Bestimmung der Zwischenschicht-Dicke im Bereich von 200 µm bis 2 mm erfolgreich erprobt werden. Diese Ergebnisse wurden auf der Konferenz MedtecSUMMIT 2023 vorgestellt und in der Zeitschrift „Sensors“ veröffentlicht. (https://doi.org/10.3390/s23135942).
Bisher wurde das Verfahren ausschließlich an idealisierten Versuchsaufbauten erprobt, u. a. unter Verwendung eines Schweineknochens mit Prothesenschaft im Wasserbad. In der realen Anwendung kommen viele Einflussfaktoren hinzu, die die Qualität der Messergebnisse beeinflussen können und hohe Anforderungen an Robustheit und Genauigkeit des Verfahrens stellen. Dazu gehört u.a. das Vorliegen von Knochenhaut, Muskel-, Haut- und Fettgewebe, aber auch die Individualität des Knochengewebes selbst. Eine experimentelle Validierung der gemäß Theorie zu erwartenden Eignung des Verfahrens zur Biofilmerkennung auf dem Implantat und damit zur Differenzierung von mechanisch und bakteriell bedingter Lockerung steht noch aus.
Kern des Vorhabens liegt in der Entwicklung eines nicht-invasiven Ultraschall-Messverfahrens zur Früherkennung von Hüftprothesenlockerungen. Ziel ist die Charakterisierung der sich bei Lockerung zwischen Knochen und Implantat bildenden Zwischenschicht, sodass der Grad der Lockerung und deren Ursache (z.B. bakterielle Infektion) bestimmt werden kann. Damit ergibt sich ein Vorteil gegenüber konventionellen Diagnoseverfahren, die keine zuverlässige Früherkennung erlauben.
Im Projekt soll das Verfahren so weiterentwickelt werden, dass es unter den erschwerten Bedingungen der realen Anwendung zuverlässige Ergebnisse liefert. Zudem soll die Eignung des Verfahrens zur Detektion der Biofilmbildung in der Knochen-Implantat-Schnittstelle evaluiert werden. Am Ende soll ein Verfahren stehen, mit dem sich durch bloßes Aufsetzen eines Ultraschall-Wandlers auf die Oberschenkelhaut, zusammen mit der entsprechenden Messelektronik und Auswertealgorithmik, zuverlässig Aussagen zu Art (Bestimmung der physikalischen Eigenschaften der Zwischenschicht) und Stadium (Schichtdicke) einer vorliegenden Prothesenlockerung treffen lassen.
Fördermaßnahme
DATIpilot Innovationssprints
Projekttitel
Nicht-invasives Ultraschall-Messverfahren zur Frühdiagnostik der Lockerung bei Hüftprothesen (UltraHip)
Laufzeit
01.10.2024 – 31.03.2026
Förderkennzeichen
03DPS1094
Fördervolumen ISAT
179.157,28 €